Die  Perlen von Caala~Elen Spielregeln Eingang E-Mail Übersicht

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Blauer Alptraum - E38 (Moon)

Schmerzlicher Verlust E39
Ngzorr war es, der Onnaro schließlich fand, seine blutende Schläfe versorgte und wartete, bis er zu sich kam. Nur noch wenig länger hatte er bleiben wollen und als er sich endlich entschied, nach Hause zu gehen, hatte das Beben begonnen. Sogleich hatte ihn die Sorge um seinen Meister zur Suche nach ihm getrieben. Das schwierige Unterfangen, sich unbeschädigt bis zum Labor vorzuarbeiten, hatte einige Zeit gekostet. Ngzorrs erster Gedanke beim Anblick des leblosen Onnaro hatte sich zum Glück nicht bestätigt. Er war nicht tot. 

Onnaro regte sich, stöhnte und wisperte immer wieder einen Namen: „Anitra". 

Ngzorr registrierte dies mit zurückhaltender Verwunderung, er gestattete sich nicht, tiefere Beweggründe als wissenschaftliches Interesse hineinzuinterpretieren und tätschelte die Wangen des Meisters, um ihn zu Bewusstsein zu bringen. Er musste hier raus, dichter grünrötlicher Qualm füllte das Labor und verhieß nichts Gutes.

Endlich öffnete Onnaro die Augen und sein glasiger Blick klärte sich zusehends. Er blinzelte ein, zweimal, dann schnellte er empor, schlug seine Hände in Ngzorrs Ärmel und krächzte heiser: „Was ist mit Anitra?"

Ngzorr schüttelte den Kopf. „Ich weiss es nicht - meine Sorge galt Euch."

„Hilf mir auf," bat Onnaro, seine Stimme klang seltsam aufgeregt, zutiefst beunruhigt, „ich will nach ihr sehen". 

Ngzorr widersprach nicht, würden sie dadurch doch das Labor verlassen. Er stützte seinen Meister und geleitete ihn nach draußen. Die Tür zum Labor schloss er hinter sich. Die Frage war, ob sie nicht sicherheitshalber das Gebäude gänzlich verlassen sollten. Doch Onnaro weigerte sich, diese Richtung zu nehmen.

„Bitte Herr," drängte Ngzorr, „es wird sich sicherlich ein neues Objekt für Eure Untersuchungen finden lassen. Lasst das Mädchen, wahrscheinlich lebt sie nicht mehr. Wir müssen hier verschwinden, es ist zu erwarten, dass das Labor in Kürze explodiert." Mit einer Kopfbewegung wies er auf den Raum hinter ihnen. Die bedrohlichen Wolken kamen schon unter der Tür hinausgequollen.

Onnaro warf ihm einen derartig grimmigen Blick zu, dass Ngzorr überrascht zurückwich. Wortlos stolperte der Meister in Richtung des Gebäudeteils, in dem sich die Zellen für die lebenden Wissenschaftsobjekte befanden. Ngzorr seufzte und eilte an seine Seite, um ihn zu stützen. War Onnaro doch kaum fähig, ohne Hilfe aufrecht zu gehen.

Schließlich erreichten sie Anitras Zelle. Onnaro stöhnte beim Anblick der zerstörten Kammer verzweifelt auf, wankte hinein, fiel auf die Knie und begann, in dem den Boden bedeckenden Schutt zu wühlen. „Hilf mir, Ngzorr", ächzte er, „bitte hilf mir. Wir müssen sie finden!!"

Ein befremdeter Ausdruck umwölkte die Stirn seines Assistenten, aber er sagte nichts und nach kurzem Zögern begann er, Onnaro zu helfen. Sie legten den Boden frei, aber es wurde schon bald klar, dass sich Anitra nicht mehr in diesem Raum befand. Dann entdeckten sie einen gewaltigen Riss im Boden. Onnaro hielt sich am Rand und spähte in die Dunkelheit. Der Spalt schien endlos in die Tiefe zu führen.

„Da!" sagte Ngzorr plötzlich aufgeregt, „seht da!" Onnaro folgte seinem ausgestreckten Finger und rutschte auf den Knien an das Ende des Risses, an dem er sich verjüngte und wieder schloss. Ein weißes Stück Stoff  von der Größe eines Blattes Papier klemmte in der Ecke und Onnaro löste es behutsam. Er erkannte es wieder als einen Streifen von Anitras Bettlaken, aus dem sie sich den Plaid geschlungen hatte. Die Tunika, die sie ihm so bezaubernd naiv vorgeführt hatte. So stolz war sie auf ihre Kreation gewesen. Er drehte das von Staub und Geröll beschmutzte Stück in seinen Händen, als er den dunklen Fleck bemerkte. Dunkelrot. Getrocknetes Blut. 

Onnaros Schultern begannen zu zucken, sein Oberkörper krümmte sich und Ngzorr erkannte entsetzt und angewidert, dass der Meister weinte, hemmungslos und verzweifelt. Sein Gehirn weigerte sich, die Tatsache zu akzeptieren, dass der Mann, den er zeitlebends bewundert hatte, Tränen vergoss, überhaupt diese verabscheuungswürdige Schwäche zeigte, vor ihm, seinem Assistenten. Und alles in ihm wehrte sich zu sehen, was er sah: die Tränen galten dem Verlust einer Caalaerin, der widerlichsten und ekelerregendsten Gattung, die der Planet Caala~Elen je gesehen hatte.
 

© Moon
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