Das Spinnennetz stellte sich als zäher
heraus, als es aussah, aber zu Robyns Erleichterung blieben sie vom Besuch
der Bewohnerin verschont. Als sie sich endlich durch die klebrigen Fäden
gearbeitet hatten, beeilten sie sich, weiterzukommen und schauten sich
auch nicht um, in Angst, die gelbäugigen Monster seien ihnen noch
auf den Fersen.
Der Pfad führte einen kleinen Hügel hinauf,
der Wald wurde immer lichter und als sie oben angekommen waren, bot sich
ihnen ein wunderbarer Blick in ein weites grünes blumenübersätes
Tal, in dem eine märchenhaft anmutende Stadt aus schneeweißen
Steinen mit goldenen Türmchen auf jedem Gebäude zum Besuch einlud.
Milky, die kleine lilafarbene Elfe, war aus Robyns Hand
auf ihre Schulter geflogen und hatte es sich dort bequem gemacht. Mit einer
Hand hielt sie sich an einer roten Haarsträhne fest. Mork war sichtbar
erleichtert, dem dunklen Wald und seinen unangenehmen Bewohnern entkommen
zu sein, gab ein versuchsweises "Ohk?" von sich und ließ sich nach
Robyns aufmunterndem "Na lauf schon!" nicht mehr halten. Fröhlich
bellend tollte er in das Tal hinunter, während sein Frauchen mit dem
komischen Schmetterling langsamer folgte.
Der erklärte Robyn gerade, wo sie sich befanden.
"Wir sind im Digital. Oh, es ist so wunderbar, dass wir
hier gelandet sind. Weißt du, es ist nämlich so, dass man nicht
ins Digital gelangen kann. Niemals. Das Digital kann nur zu einem kommen.
Und nur dann, wenn es will. Manche warten ein Leben lang und sehen es nie!"
"Aha. Und dann wir gerade auf dem Dünneberg, richtig?"
"Hä?" macht die Elfe gar nicht elfenhaft. Robyn winkte
grinsend ab.
"Schon gut, ich erkläre es dir irgenwann mal. Und
du? Warst du schon einmal hier?"
"Das Tal muss mich mögen," erwiderte Milky mit einem
verschmitzten Lächeln in ihren fliederfarbenen Augen. "Es hat mich
schon so oft hierher gelassen, dass ich es gar nicht mehr zählen kann.
Aber ich bin immer wieder glücklich, wenn es geschieht."
"Und die Stadt?" fragte Robyn, bereits sehr fasziniert
von Milkys Worten.
Milkys Augen bekamen einen schwärmerischen Ausdruck.
"Das ist Siliconia," hauchte sie, "das mystische Herz."
Bevor Robyn weiter fragen konnte, waren sie so nahe an
die Stadt herangekommen, dass sie eine Brücke erkannte, die sie am
Ende des Pfades erwartete. Siliconia war von einer Art Burggraben umgeben,
in dem es silbrig schimmerte. Wasser war es nicht. Seltsam, dass
mir der Burggraben vorhin nicht aufgefallen ist, dachte Robyn.
Man
hätte ihn doch vom Hügel sehen müssen?
Noch weiter herangekommen, versperrte ein riesiges weißes
Tor den Durchgang zur Brücke. Es war von goldenen Mustern durchzogen
und wurde links und rechts von anmutig gewundenen silbernen Säulen
gesäumt. Mork wartete schon davor und Robyn blieb ratlos neben ihm
stehen - es war nicht erkennbar, wie sie es hätte öffnen können.
Kein Griff, kein Fenster, kein Klopfer, keine Türsprechanlage, nichts
was darauf schließen ließ, dass sie hier weiter kommen könnten.
Sie löste den Blick davon und wandte ihren Kopf der
kleinen Elfe auf ihrer Schulter zu.
"Und nun?"
Milky deutete an ihr vorbei. "Na, du musst natürlich
eine der Klingeln drücken!"
Robyn folgte dem ausgestreckten Finger.
"Was für...?" Dann hielt sie sprachlos inne. Auf
der silbernen Säule links des Tores waren in Augenhöhe zwei ovale
Knöpfe angebracht, kunstvoll in Gold, Silber und Weiß gefertigt,
zeigten sie zwei unterschiedliche Schlangensymbole. Robyn hätte
schwören mögen, dass sie einen Augenblick zuvor noch nicht dagewesen
waren.
Sie streckte eine Hand aus und zögerte.
"Welchen Knopf muss ich drücken?" fragte sie Milky.
Die kleine Elfe verzog keine Miene. "Ein jeder führt
hinein," erwiderte sie, "und doch woanders hin. Nur du kannst entscheiden,
welcher Weg der richtige ist."
"Nicht schon wieder," seufzte Robyn, "diese Rätselwelt
macht mich noch wahnsinnig!"
Milky zuckte auf diese Äußerung nur die Achseln.
"Besten Dank", grummelte Robyn mürrisch, "du bist
echt ein wahnsinnig tolle Hilfe."
Minutenlang starrte sie von einem Symbol zum anderen.
Holte schließlich tief Luft und drückte auf
A
A
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