Tag 6
Ich weiß gar nicht wo mir der Kopf steht. Sich an irgendetwas erinnern zu wollen, steht außer Frage derzeit. Was immer diese
Insel mit den Flüchtlingen vor hat - sie nutzt ihre Dankbarkeit gnadenlos aus, so viel steht fest...
Vladimim, der Ratonga (er ist offensichtlich der zuständige Ausbilder für die Kundschafter auf der Insel) ließ mich den ganzen
Tag meine Kampffähigkeiten üben. Was bedeutet, dass ich wieder getötet
habe (ich habe bereits Angst, dass ich mich daran gewöhne...), diese spitzzahnigen Kreaturen, die nicht aufhören die Außenposten anzugreifen (sie scheinen über Nacht immer wieder
Nachschub zu erhalten), weiterhin Wölfe, Schlangen, ekelerregende überdimensionale Käfer und Goblins in einem naheliegenden
Goblin Camp. Oftmals konnte ich Gegenstände bei den Getöteten finden und habe sie entweder selbst verwendet (ich brauchte
dringend schützende Kleidung, mit meinem Hemd und dem dünnen Rock war wenig von den Angriffen der Gegner abzuwehren) oder auf
Vladimims Rat hin beim Inselhändler verkauft. Der Ratonga meinte dass ich "später" Münzen brauchen würde. Für was verriet
er mir jedoch nicht. Es gibt diese Münzstücke in Kupfer, Silber, Gold und Platin, aufsteigender Wert. Viele habe ich noch
nicht beisammen...
In meinem vom Schiff mitgebrachten Beutel habe ich einen Apparat gefunden mit dem ich Fotografien machen kann. Ich habe Tigerlilly in Verdacht, dass sie mir
den ihren heimlich ins Gepäck gesteckt hat. Ich bin sehr erfreut dieses Gerät zu haben, erlaubt es mir doch, ein
paar meiner Eindrücke festzuhalten. Für den Anfang sind es jedoch nur einige Bilder von mir, mit fortgeschrittener Rüstung. Nun
muss ich enden, Vladimim drängte mich früh zu Bett gehen, weil anstrengende Aufgaben auf mich warten wie er sagte.
Tag 7
Trotz der gestrigen Anstrengung war ich heute schon vor Morgengrauen wach und bin nach einem schnellen Frühstück gleich zu
Vladmimim gegangen. Er hat ein ganz schön breites Rattengrinsen aufgesetzt als er mich sah, ich glaube es hat ihm gefallen,
dass ich so früh da war ;-) Ich war den ganzen Tag damit beschäftigt drei Aufträge zu erfüllen, die er mir gab, aber die
Anstrengung hat sich gelohnt, denn heute belohnte er mich dafür - mit Stiefeln, einer Hose und einem Waffenrock! (ich habe
eine Fotografie davon angefertigt und eingeklebt).
Ich habe Hirsche im nahen Hain erlegen müssen, um die Fleischvorräte aufzufüllen, und obowhl ich entgegen Vladimims Empfehlung
keinen Priester fand, der mich begleitete, hatte ich Glück nur solche Hirsche zu erlegen, die nicht von der tückischen
Infektion befallen waren, die derzeit auf der Insel ihr Unwesen treibt. Wieder einmal fühlte ich Bedauern als ich diese Tiere
töten musste, irgendetwas in mir möchte sie viel lieber zähmen als umbringen... Ich denke dass dieses Gefühl mit meiner
Vergangenheit zu tun hat, aber ich habe den Gedanken daran beiseite geschoben.
Als nächstes ließ mich mein rattengesichtiger Ausbilder ein Goblin Lager auskundschaften - aber auf dem Weg dorthin stellte ich
fest, dass es sich um das größere der Lager handelte, in dem die gefährlicheren Goblins leben, unterstützt von gezähmten
Kampfwölfen. Doch da ich sehr umsichtig vorging, mich versteckte und anschlich, war es letztendlich eine relativ leichte
Aufgabe. Nachdem ich Vladimim ausführlich Bericht über das Lager erstattet hatte, schickte er mich nochmals los um einige der
Kampfwölfe zu erlegen und ihre Geschirre zu ihm zu bringen. Dank meiner verbesserten Ausrüstung kam ich fast ohne Kratzer
davon.
Vladimim schien sehr zufrieden mit mir und versicherte mir, dass ich sehr wohl zum Kundschafter geeignet sei und diese
Laufbahn auf jeden Fall weiter verfolgen solle. Ich habe es mir verkniffen, ihn zu fragen, ob ich nicht auch Tierbändiger
werden könnte... Für heute darf ich mich zurückziehen, doch gleich morgen muss ich mit den Botschaftern zweier Städte sprechen,
von deren Existenz ich noch gar nichts wusste. Vladimim ließ durchblicken, dass ich in Kürze die Insel verlassen werde (darf?)
und anscheinend kann ich zwischen zwei Orten wählen, um meine künftige Heimat zu bestimmen. Ich hoffe dass diese Botschafter
mir ausreichend Informationen für diese Entscheidung geben werden.
Tag 8
Heute habe ich mich mit den Botschaftern unterhalten. Der eine war von der Rasse der Dunkelelfen, sehr unfreundlich, er musterte mich von oben
bis unten, winkte gelangweilt ab und murmelte etwas von "Waldelfenpack". Seine Kollegin, eine sehr anmutige Hochelfin namens
Saera (ich habe sie fotografiert^^) war dagegen sehr freundlich und beantwortete geduldig meine unerschöpflichen Fragen
über die Stadt die sie vertritt. Der Name der Stadt ist Qeynos. Sie vertraute mir auch an, dass der Dunkelelf Botschafter
Freeport vertrete, ihren Worten nach ein Zentrum böser Gesinnung, in dem sich die zusammentaten die dem Herrscher Lucan DīLere
die Treue geschworen hätten. Seine Gegenspielerin ist die Königin von Qeynos, Antonia Bayle und wenn ich Saera's Worte
richtig verstanden habe, dann sind diese beiden sowie ihre Städte die einzigen Überlebenden einer Naturkatastrophe die diese
Welt - ihr Name ist Norrath - ereilt hat! Was ich immer wieder am Abendhimmel sehe sind die Überreste des Mondes Luclin,
der aufgrund bisher unbekannter Ereignisse eines Tages zerbrach. Die gewaltigen Bruchstücke fielen auf Norrath, mit verheerender
Wirkung - totale Verwüstung und Zerstörung dieser Welt waren die Folge.
Aber um die Sache kurz zu machen - Saera's Schilderung von Qeynos, der Königin und den umgebenden kleineren Gebieten, alle
bevölkert von offenbar gut gesinnten freundlichen Bewohnern sagte mir so sehr zu dass es mir nicht schwer fiel meine Entscheidung
zu treffen. Saera zeigte sich erfreut darüber und bat mich Herzog Ferrin aufzusuchen, der mir einen Passagierschein für das
Schiff nach Qeynos ausstellen würde, sobald ich bereit sei die Insel zu verlassen.
Ich dankte ihr für Ihre Mühe und verließ die
Taverne um draußen auf einen alten Bekannten zu treffen - Kapitän Varlos! Er hat mich gleich wieder erkannt und wir plauderten
einen kurzen Moment, als dieser Herzog Ferrin auftauchte, mit dem ich gleich über die Schiffsreise sprach. Ein recht eitler Geck,
der einige
seltsame Äußerungen von sich gab, über eine Handelsgesellschaft "Weite See", die er besitze und die Flüchtlinge ausbilde und dann an
Städte "ausliefere", die mir nicht sonderlich gefielen, aber ich hielt mich mit Kritik zurück, ich wollte nicht riskieren, seinen
Zorn zu erregen. Nachdem ich geduldig seinem langweiligen Geschwätz gelauscht hatte, erhielt ich dann auch tatsächlich den
notwendigen Schein für die Überfahrt.
Ich habe dann noch ein paar Fotografien angefertigt und den Rest des Tages damit verbracht,
beim örtlichen Handwerker ein paar Kniffe zu erlernen, bis mich ein aufgeregter Vladimim aufsuchte und bat mich gleich morgen in der Frühe noch
einmal bei ihm zu melden, weil er meine Hilfe benötige. Ich bin gespannt, um was es diesmal geht...
Tag 9
Meine Güte was für ein Tag! Vladimims Notlage war wirklich dringend - eine ganze Orkhöhle musste ausgeräuchert werden in der sich
der Anführer des nun schon Wochen andauernden Goblinaufstandes versteckt hielt, ich frage mich warum es so lange gedauert hat,
herauszufinden was das Problem war - kommen hier nicht jeden Tag Unmengen von Flüchtlingen an, die dann ausschwärmen und die
Insel erkunden? Aber egal, ich konnte ein paar andere Flüchtlinge überreden mir zu helfen und so war das Orkproblem in Nullkommanichts
gelöst. Allerdings hatte sich unsere Kampfeskraft inzwischen wohl schon herumgesprochen, denn von allen Seiten wurden wir um
Hilfe gebeten - hier eine - ausnahmsweise freundliche - Dunkelelfin, die frische Knochen von Untoten benötigte, dort ein Gnom,
der diverse Werkzeuge verloren hatte, ein mordender Hai, dem der Garaus gemacht werden musste, weil sich keiner mehr traute im
Meer zu schwimmen und vieles mehr.
Einen Teil davon habe ich selbst erledigt, einen Teil mit der Gruppe und einiges einfach anderen überlassen, es wird so leicht,
diese Aufgaben zu erfüllen, dass es mich zu langweilen beginnt... Ich denke dass ich morgen endlich das Schiff nehmen und die
Insel verlassen werde.
Tag 10
Heute abend bin ich nach der langen Überfahrt endlich in Willow Wood angekommen - diesen Augenblick musste ich natürlich mit
meinem Fotografierer festhalten! Hier leben vor allem Wald- und Halbelfen, ich erfuhr vor Ankunft dass ich erst einmal hier
unterkommen müsste, weil es noch etwas zu erledigen gäbe, bevor mir ein Besuch von Qeynos gestattet sei. In Willow wurde mir
sogleich mitgeteilt mir im örtlichen Gasthaus ein Zimmer zu mieten (wie gut dass mir Vladimim geraten hatte, Münzen anzusammeln)
und hier bin ich nun und schreibe auf dem Boden, denn bisher besteht meine Einrichtung aus einem Tisch, einem Bild an der Wand
und einem Kronleuchter an der Decke ;-) Hausmeisterin Fairlee hat mir alle diese Dinge freundlicherweise umsonst
besorgt und mich auch über die verschiedenen Erledigungen aufgeklärt, die ich unternehmen muss.
So muss ich mich bei einem Marshal Glorfel melden und mich offiziell um die Bürgerschaft für Qeynos bewerben; dies scheint mit einigen
Tests über meine Eignung verbunden zu sein. Ich hoffe mein Training auf der Insel der Zuflucht war ausreichend um die
Anforderungen zu erfüllen...
Ich holte mir ein Anmeldeformular beim zuständigen Amt, füllte es aus, gab es ab und erhielt kurz darauf Informationen über
meine Aufgabe; es galt bei der Vernichtung der Ungezieferplage um Willow Wood zu helfen und dabei ein paar wertvolle Plaketten
zu finden. Zwar beschäftigte mich diese eine Weile aber es war nicht so schwierig wie befürchtet und erstaunlicherweise verschaffte
mir das neuerliche Nutzen meiner bisherigen Kampfausbildung eine gewisse Befriedigung.
Doch es kam noch besser, denn nach Bestehen dieses ersten Tests durfte ich mit dem Marshal persönlich sprechen, der mich anwies
mich mit einzelnene Gefangenen zu unterhalten und im Gespräch zu beurteilen, ob sie guter oder böser Gesinnung waren. Ich musste
sogar die Entscheidung fällen, ob sie frei zu lassen oder zu töten wären! Dies beunruhigte mich außerordentlich und ich wusste
nicht ob ich dieser Aufgabe gewachsen sein würde. Natürlich habe ich mir gegenüber dem Marshal nichts von meiner Unsicherheit
anmerken lassen und mich einfach an die Herausforderung gewagt. Letztendlich habe ich von den 5 Gefangenen einen begnadigt (eine
junge Dunkelelfin), doch
die anderen vier mussten ihre Gesinnung mit dem Leben bezahlen... Da mich Marshal Glorfel im Anschluss als neue Bürgerin von
Qeynos willkommen hieß, gehe ich davon aus, dass meine Entscheidungen die richtigen waren.
Ich habe sofort danach die Gelegenheit wahrgenommen, Qeynos kennenzulernen und mein erster Eindruck: die Stadt ist riesig! So
riesig, dass ich mich total verlaufen habe und stundenlang den Weg zurück nach Willow suchte. Die Bewohner (oder Besucher)
der Stadt waren wenig hilfsbereit, auf meine Fragen erhielt ich nicht eine einzige Antwort. Auf diese Weise lernte ich dann aber
wenigstens alle Teile der Stadt ein wenig kennen (es gibt den Hafen, und dann noch südliche und nördliche Teile des Stadtkerns selbst), die
Außenbereiche Nettleville, Graystone, Castelview, Baubbleshire und Starcrest habe ich noch nicht besucht,
ich stand nur an den jeweiligen Toren. Ähnlich wie Willow Wood scheinen sie rassenbezogene Bewohner zu haben. Letztendlich gelang
es mir eine Karte zu kaufen und darauf sah ich zum einen dass es noch viel mehr Bezirke gibt (z. B. Antonica) und
ich konnte auch den Weg nach Willow ausfindig machen.
So bin ich nun wieder hier in meinem Zimmer im Gasthaus, mit schmerzenden Füßen und dem dringenden Wunsch nach einem heißen
Bad und einem weichen Bett... Vorerst werde ich jedoch mein Lager auf dem Boden errichten. Meine Müdigkeit ist groß genug.