Tag 1

Wer bin ich? Wo bin ich? Woher komme ich? Warum bin ich hier? Fragen, die ich mir ununterbrochen stelle, eine Endlosschleife in meinem Kopf...
Hin und wieder Bruchstücke von etwas das ich nicht greifen kann. Fetzen von Bildern, ich glaube es sind Tiere (oder doch Wolken?), Worte auch, eine skurrile Sammlung von einzelnen Begriffen, die nicht lange genug bleiben um sie zu erhaschen, obwohl ich manchmal ganz ganz dicht dran bin... Metall meinte ich einmal zu verstehen, aber sofort war ich unsicher ob es nicht doch Kristall war. Oder Ball? Wall?

Ich werde immer noch schnell müde. Das Schreiben strengt mich mehr an als ich dachte. Aber ich bin dankbar für dieses Notizbuch und den Stift, auch wenn ich nicht weiß wem ich diese Gaben verdanke. Beides lag heute auf meiner Decke, als ich aufwachte. Wie gut dass ich mich erinnere wie man schreibt...(darüber muss ich lachen, was gut tut aber wiederum erschöpft). Der Schlaf bringt nicht wirklich Erholung weil ich auch dann keine Ruhe finde vor weiteren Bildern. Aber es ist gut so, das Träumen wird mir helfen meine Erinnerung wieder zu finden. Die Zeit wird helfen mich zu erholen. Ich hoffe ich habe Zeit. (?)

Tag 2

Ich habe geschlafen. Ich weiß nicht wie lange. Minuten? Stunden? Tage? Ich habe geträumt, ich schliefe in einem Schaukelstuhl. Ich hatte weiße Haare. Noch immer spüre ich das Wiegen. Es fühlt sich an als sei ich auf einem Schiff. Kann das sein?

Heute fand ich wieder eine Gabe auf meiner Decke - eine Fotografie, ich habe sie eingeklebt. Obwohl es das Gesicht eines Raubtieres zeigt, sieht es doch freundlich aus. Ist das das Wesen, das sich hier um mich kümmert? Irgendwie fühle ich dass diese Vermutung stimmt. Wo in der Welt existieren solche Wesen? Wo nur bin ich?

Auf einem Tisch in meinem Zimmer steht eine Schale, ich glaube mit Obst (war dieser Tisch schon die ganze Zeit hier?) Ich fühle mich jedoch zu schwach um aufzustehen und nachzusehen. Ich werde noch etwas schlafen...

Tag 3

Ich fühle mich stärker. Ich saß an dem Tisch (es gab dort auch einen Stuhl, beide aus recht wurmstichigem dunklen Holz, jedoch robust) und aß von dem Obst. Es war tatsächlich Obst, nichts Unbekanntes, Bananen und Äpfel. Das Katzenwesen hat mir geholfen aufzustehen. Es spricht, es ist weiblich und es sagt es sei von der Rasse der Kerra. Ich habe noch nie von dieser Rasse gehört... Ich wollte viele Fragen stellen, doch ich konnte nur krächzen. Ich habe verlernt meine Stimme zu gebrauchen. Nun bemühe ich mich leise zu singen und zu sprechen, um sie zu kräftigen.

Mein einziger Zuhörer ist eine Ameise, die emsig Blattstücke in meinem Zimmer umher trägt. Seltsamerweise kann ich nur diese eine entdecken. Sie scheint sich bei mir wohl zu fühlen, darum habe ich beschlossen, sie als mein Haustier aufzunehmen, und ihr den Namen Malasgegeben. Der Name klingt vertraut, aber ich kann die Verbindung nicht herstellen.

In meinem Album befindet sich ein neues Foto. Die Kerra - ich nenne sie in Gedanken Tigerlilly (auch hier habe ich das Gefühl als hätte ich den Namen schon einmal gehört, weiß aber nicht wo...) hat es mir dagelassen. Es zeigt eine junge Frau mit orangenen kurzen Haaren, rose farbenen abgetragenen Kleidungsstücken und Tätowierungen im Gesicht und auf den Armen an Bord eines Schiffes. Im Hintergrund ist ein riesiger zerstörter Planet zu sehen (oder ist es ein Mond? eine Sonne? ein fallender Meteorit?) Ich habe eine Zeichnung von ihr angefertigt und hier eingeklebt. Erst als die Kerra wieder kam und mir einen Spiegel brachte, wurde mir bewusst dass ich die Frau auf dem Foto bin...

Tag 4

Es ist wirklich ein Schiff. Wir befinden uns mitten auf einem Ozean. Ich bin nicht die einzige hier, es gibt Dutzende weiterer Passagiere, darunter die seltsamsten Wesen... Ich habe den Kapitän kennengelernt, der mir erklärt hat, er habe uns alle aus dem Meer gefischt - wir seien Flüchtlinge. Wovor wir flüchten, konnte (oder wollte?) er mir jedoch nicht sagen. Sein Name ist Draik Varlos und das Schiff heißt "Lange Reise".

Obwohl er meinen offensichtlich immer noch geschwächten Zustand kommentierte, händigte er mir eine hölzerne Keule aus und bat mich, den anderen Reisenden beim Bekämpfen der Rattenplage zu helfen. Ich war zu verblüfft um zu widersprechen und habe tatsächlich zwei der Tiere getötet. Zwar waren sie riesig und furchteinflößend, aber im Nachhinein hatte ich trotzdem ein schlechtes Gewissen. Doch es blieb mir nicht viel Zeit darüber nachzudenken, denn das Schiff wurde von einem Drachen!!! angegriffen, der es in Brand setzte. Im allgemeinen Durcheinander gelang es einem gefangenen Goblin zu entkommen und der Kapitän befahl uns ihn einzufangen, was jedoch gründlich misslang - wenn ich es richtig verfolgt habe, wurde er im Augenblick seines Todes von einer Frau, die anscheinend seine Frau war, versehentlich durch einen Zauber fortgeschickt...

Dies alles war äußerst verwirrend und da ich mich vor Schwäche kaum noch auf den Beinen halten konnte, bin ich zurück unter Deck. Es ist Zeit auszuruhen.

Tag 5

Tigerlilly hat mich geweckt, mir einen Stoffbeutel überreicht und mir aufgetragen, alle meine Sachen zusammenzupacken und an Deck zu kommen, da wir angekommen seien. Auf meine Frage "Wo angekommen?" erhielt ich die Antwort Insel der Zuflucht, dann war sie wieder weg. Ich habe sie nicht wieder gesehen, denn kaum an Deck angekommen, wurden wir alle vom Kapitän verabschiedet und in kleine Boote gesetzt, die uns zur Insel gebracht haben.

Kapitän Varlos hat mir ein Abschiedsgeschenk gemacht, für das ich ihm sehr dankbar bin - er teilte mir mit, dass mein Name Kiwiana sei und man mich in den Gewässern vor der Küste Britannias, in der Nähe der Insel Skara Brae aufgefischt habe; zusammen mit einem Gefährten namens Falk Fantasy (von ihm erfuhr er meinen Namen), der jedoch die Strapazen nicht überlebt habe. Noch kann ich mit diesen Informationen nicht viel anfangen, aber ich bin sicher, dass sie meinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen werden.

Neben Malas, die sich aus unerfindlichen Gründen versteckt in meinem Beutel mit auf die Reise begegeben hat, haben mich drei Schmetterlinge zur ihrer neuen Gefährtin auserkoren, sie sind immer in meiner Nähe. Da ich nichts gegen diese Gesellschaft habe, habe ich auch ihnen Namen gegeben, die mir meine erinnerungslose Erinnerung spontan eingab: Caala, Luna und Sirra.

Auf der Insel wurden wir von einem Garven Tralk begrüßt und nach unserem Namen und unserem Beruf gefragt. In meiner Verwirrung und weil ich nicht zugeben wollte, dass ich gar nicht weiß ob ich einen Beruf habe und wenn ja, welchen, habe ich einfach wiederholt was mein Vorgänger angegeben hat: Kundschafter. Der Mann zweifelte meine Aussage gar nicht an und trug mir auf mich bei einem Ratonga (eine rattenähnliche Rasse, wie ich inzwischen durch die Passagiere auf der "Lange Reise" weiß) namens Vladimim zu melden.

Im Anschluss wurden wir eilig zusammengerufen und gebeten uns sogleich und schnellstens zu den Außenposten zu begeben, die offensichtlich von Feinden angegriffen wurden. Zum Glück hatte ich noch meine Keule, doch Garven Tralk schüttelte nur den Kopf und suchte mir aus einem Stapel Waffen zu seiner Seite einen kleinen Dolch heraus. Bei den Eindringlingen handelte es sich um hässliche spitzzahnige Wesen, Grutzähne, wie ich mir sagen ließ, eine Trollart. Wir haben sie erfolgreich bekämpft und danach unsere Quartiere für unseren Aufenthalt auf der Insel zugewiesen bekommen.

Ich sitze hier in einem oberen Turmzimmer und habe noch immer keine Ahnung, warum und wie lange ich nun hier sein werde. Da ich sehr müde bin, habe ich beschlossen, den Ratonga erst morgen aufzusuchen.


Tag 6 - 10