Weihnachtsgeschichte einmal anders |
Es war einmal ein kleines Mädchen. Nennen
wir es einfach Frieda.
Eines Tages öffnete die Kleine die Augen und dachte bei sich: Ohhhh, es ist Weihnachten. Sie freute sich sehr und wartete angespannt, was ihr der Tag wohl bringen würde. Aber nichts außergewöhnliches geschah. Es war einfach wie immer. Neben ihr hörte sie das Gezänke von den Nachbarn durch die Wand. Durch die Fenster, die mit löchrigen Vorhängen zugezogen waren, kam das Licht des Tages herein. Die Mutter arbeitete in der Küche und Frieda hörte sie mit dem Geschirr klappern. Der Vater lag wohl auch wie immer im Wohnzimmer und schlief den Rausch vom Vortag aus. Er hatte zur Zeit keine Arbeit und wußte nicht, womit er den Tag verbringen sollte. Viele Dinge gingen Frieda durch den Kopf. Ob heute wohl irgendetwas anders sein würde wie sonst? Es mußte einfach so sein !!!!! Schließlich nahte der Geburtstag des Jesuskindes. Irgendwas mußte anders sein. Irgendwie nur, auch wenns nur ein kleines bißchen anders war, als sonst. Frieda schlüpfte in ein Kleid, das viel zu
leicht war für diese Jahreszeit. Aber es war ihr schönstes Kleid.
Es hatte um den Halsausschnitt herum Spitzen und war mit einem schönen
Gürtel aus Satin ausgestattet. Man merkte, daß der Gürtel
einmal in einem leuchtendem rosa geglänzt hatte. Jetzt war er farblich
schon ziemlich verblaßt. Der Stoff des Kleides war dünn und
auch schon einige Male genäht worden. Frieda bemerkte all diese Dinge
nicht.
Draußen war es sehr kalt. Der leichte Mantel machte das kleine Mädchen erzittern, aber zur Kirche war es schließlich nicht weit. Endlich hatte sie es geschafft. Durchgefroren kauerte sie sich in die erste Bank und nahm das Gebetbuch, das vor ihr lag, zur Hand. Sie konnte der Messe kaum folgen. Immer wieder kreisten ihre Gedanken um den heutigen Abend. Ob sich ihre Mutter über das rote Nadelkissen freuen würde? Ob dem Vater auch die Socken, die sie aus der Wolle vom aufgetrennten Pullover gestrickt hatte, passen würden? Naja, am Abend würde sie es ja sehen. Das Ende der Messe nahte. Sie merkte es nur daran, daß es plötzlich kalt wurde weil die Tür aufging. Langsam ging sie nach Hause. Der Wind war eisig und strich ihr durchs Haar. Eine dünne Eisschicht bedeckte den kleinen Fluß, der nahe der Kirche war. All das nahm Frieda kaum wahr. Daheim nahm sie sich ein Buch und begann zu lesen. Sie kannte das Buch schon, weil sie es wohl um die 100 male schon gelesen hatte. Aber sie hatte nur dieses eine Buch. Mittags kam die Mutter in Friedas Zimmer. "Frieda" sagte sie, "Frieda, was möchtest du essen?" Frieda blickte in die Augen der Mutter und sagte "Ach Mutter, ich hab eigentlich gar keinen Hunger" und gleichzeitig wußte Frieda, daß gar nichts im Hause war um den Hunger zu stillen. Die Augen der Mutter glänzten, als würden Tränen darin sein. Sie konnte sich ja noch an die Zeiten vor dem Krieg erinnern. Alles war besser gewesen, als heute. Der Krieg hatte alles zerstört. Alle Illusionen von einem glücklichen Leben hatte er dahingerafft. Sie konnte ihrem einzigen Kind nichts bieten, außer ihrer Liebe. Der Nachmittag verging schleppend. Frieda blieb in ihrem Zimmer und wartete noch immer auf das Christkind. Endlich war es soweit : eine Glocke schellte und Frieda kam aus ihrem Zimmer. Da stand sie in dem großen Wohnzimmer und erfreute sich an dem Weihnachtsbaum. Frieda war es ganz war ums Herz, als sie die 8 Kerzen ansah, die auf dem Baum mit Draht befestigt waren. Sogar ein Weihnachtsstern war ganz oben auf der Baumspitze. Unter dem Baum lag ein Geschenk. Es gehörte Frieda. Ganz alleine Frieda. Sie blickte zur Mutter mit fragenden Augen. "Ja" sagte die Mutter. "Das ist für dich Frieda". Das kleine Mädchen strahlte die Mutter an. "Darf ich es gleich aufmachen?" "Natürlich Frieda" Sie nahm das Paket an sich und öffnete es ganz vorsichtig. "Ohhhhh Mutter, eine Puppe. Sie ist wunderschön!!" Die Mutter lächelte und freute sich an ihrer Tochter. Frieda holte aus der Tasche ihres Kleides das Nadelpolster und die Socken für den Vater hervor. Sie sah jetzt erst, daß ihr Vater gar nicht da war und legte deshalb die Socken beiseite. Dann gab sie der Mutter das Nadelkissen. Im gleichen Moment schlug über ihnen die Bombe ein. Man fand später nicht mehr viel, das an die Bewohner dieses Hauses erinnerte. Man fand aber unter den Trümmern des Hauses zwei Menschen, das wohl Mutter und Tochter gewesen sein mußten. Sie umarmten sich und man glaubte ein Lächeln in ihren Gesichtern zu sehen. Es mußten wohl sehr glückliche Menschen gewesen sein. |
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