An
einem schönen Wintermorgen, drei Tage vor Heilig Abend, ging Familie
König in den Wald, um einen Tannenbaum für ihr Wohnzimmer zu
fällen. Es war ein schöner Wintertag. Die Sonne schien, der weiße
Schnee auf den Bäumen funkelte im Sonnenlicht. Die beiden Kinder,
Claudia und Matthias, bewarfen sich vor lauter Übermut immer wieder
mit Schneebällen. Nach einer einstündigen Wanderung durch den
Winterwald entdeckte Vater König einen wunderschönen Tannenbaum,
der sehr gut in das Wohnzimmer passen würde. Die gesamte Familie betrachtete
diesen herrlichen Baum mit leuchtenden Augen. In Gedanken schmückten
ihn die Kinder bereits mit vielen roten Kerzen. Vater König hatte
gerade begonnen, den Baum mit seiner Säge abzuholzen, als plötzlich
ein Schneemann vor ihm stand. Niemand hatte ihn zuvor bemerkt. Dieser Schneemann
sah ein wenig traurig aus. Er sprach leise zu Familie König: „ Bitte
lasst diesen Baum stehen. Es ist Karl, mein bester Freund.“ Die Familie
erschrak sehr. Noch nie hatte sie einen sprechenden Schneemann gesehen.
Mutter König packe Claudia und Matthias am Arm und rannte mit ihnen
davon. Weit kamen sie jedoch nicht. Plötzlich waren sie von vielen,
vielen Schneemännern umgeben. Sie riefen ihnen zu: „Bleibt stehen,
habt keine Angst, wir tun euch nichts. Wir wollen nur unseren Freund, den
Tannenbaum, behalten.“ Familie König war von den vielen Schneemännern
so überrascht, dass sie nur noch antworten konnte: „In Ordnung.“
Völlig verwirrt liefen die vier in ihr Dorf zurück und erzählten alle auf einmal ihren Freunden und Bekannten, was sie soeben erlebt hatten. Bald kannte das gesamte Dorf diese Geschichte, aber niemand glaubte Familie König. Einige dachten, diese Familie hätte sich einen Spaß erlaubt. Andere hielten vor allem Frau König für ein wenig verwirrt. Die immer sehr hektische Vorweihnachtszeit macht ihr jedes Jahr zu schaffen. Nur Benni, ein Freund der Familie König, glaubte diese merkwürdige Geschichte. Er sagte zu seinen Freunden: „Ich gehe allein in den Wald und suche diesen Tannenbaum.“ Bereits am nächsten Tag machte er sich auf. Neben einer Säge hatte er einen Fotoapparat mit genommen, um dieses sonderbare Ereignis fotografieren zu können. Er brachte eine Weile, bis er einen sehr schönen Tannenbaum entdeckt hatte. „Dieser Baum muss es sein“ , dachte er sich. Er schaute sich gespannt um. Er konnte aber keinen Schneemann entdecken. Auch als er anfing, den Baum abzusägen, tauchte kein Schneemann auf. Benni kamen Zweifel, ob er den richtigen Tannenbaum gefunden hatte. Oder hatten sich seine Freunde, Familie König, diese Geschichte doch nur ausgedacht, um alle im Dorf zu verwirren ? Benni beschloss, diesen schönen Tannenbaum stehen zu lassen und in das Dorf zurück zu gehen. Er erzählte Familie König von seiner Wanderung durch den Wald. Vater König antwortete darauf, er habe sicher einen falschen Baum herausgesucht. Benni war jedoch fest davon überzeugt, dass er die richtige Tanne gefunden hatte, da sie sehr schön gewesen ist. Frau König schlug vor, nochmals gemeinsam in den Wald zu gehen und nach dem Tannenbaum zu suchen. Am nächsten Tag, einen Tag vor Heilig Abend, ging Familie König gemeinsam mit Benni in den Wald. Die Kinder kannten den Weg zu der Tanne noch ganz genau und liefen aufgeregt voran. Als sie an die Stelle kamen, trauten sie ihren Augen nicht: Die Tanne war weg. Sie standen dort und konnten vor lauter Schreck nicht mehr sprechen. Ihre Eltern und Benni, die ein wenig hinter ihnen gingen, wunderten sie, warum es auf einmal so leise war. Ihre Kinder waren gewöhnlich nur ruhig, wenn sie schliefen. Auch sie waren fassungslos, als sie die kahle Stelle erreichten. Wo war der schöne Baum ? Wer hatte ihn mitgenommen ? Matthias sagte leise: „Vielleicht ist es die falsche Stelle.“ Vater König bückte sich plötzlich und sagte: „ Nein, hier stand der schöne Tannenbaum. Seht, meine Lesebrille, sie liegt hier im Schnee. Sie muss ich hier vor zwei Tagen verloren haben.“ „Stimmt“, sagten alle enttäuscht. Ganz traurig gingen sie nach Hause. In diesem Jahr hatten sie zum ersten Mal keinen Tannenbaum. Sie wollten auch keinen anderen haben als den, den sie gesehen hatten. Am Heiligenabend aßen Familie König zuerst Abendbrot, danach gingen die Kinder in den Garten und bauten ein Iglu. Nach einer halben Stunde holten Herr und Frau König Matthias und Claudia wieder herein. Als sie in das Wohnzimmer kamen, trauten sie ihren Augen nicht, denn der Tannenbaum, den sie unbedingt haben wollten, stand in ihrem Wohnzimmer. Viele rote Kerzen brannten. An den Tannenzweigen hingen viele, viele Süßigkeiten. Die ganze Familie freute sich sehr. Auf einmal rief Matthias aufgeregt: „Schaut mal nach draußen !“ Alle sahen verwundert in den Garten. Dort tanzten die Schneemänner aus dem Wald. So feierte Familie König auch in diesem Jahr ein schönes und ganz besonderes Weihnachtsfest, an das sie sich noch lange erinnern wird. |