Mit lautem Getöse ratterte
die Weihnachtskutsche durch die Luft der dunklen und kalten Nacht. Vorn
auf dem Kutschbock saßen zwei Männer in roten Mänteln und
langen weißen Bärten. „Wo willst du hin Quirlax?“ rief einer
der beiden. „Hab keine Angst Racket. Ich weiß schon was ich tue.
Wir müssen nur etwas nach rechts.“ - „Denk daran Quirlax. Du bist
hier nicht in Traumania. Und unsere Traummäntel wirken hier nicht.“
- „Oh Gott!“ rief der Mann, der Quirlax genannt wurde, entsetzt. „Das hab
ich ja ganz vergessen!“
Die Kutsche, mit vielen bunten Kisten und Kartons
bepackt, schleuderte von einer Seite auf die andere, und sosehr die zwei
Männer nun auch an den Zügeln rissen, sie stürzen vom Himmel
hinunter in einen großen Schneehaufen, direkt vor das Haus des kleinen
Jungen Ralf.
Ralf, durch den lauten Krach aus seinem Schlaf
gerissen, stürzte aus seinem Bett zum Fenster und schob vorsichtig
die Gardine etwas zur Seite. Seltsamer Weise schien kein anderer im Haus
von dem Krach munter geworden zu sein, denn alles blieb ruhig, und nirgends
ging ein Licht an.
Dennoch hörte Ralf ganz deutlich Stimmen,
genau dort, wo er am Nachmittag mit seinem Vater einen großen Schneehaufen
aufgeworfen hatte.
„Ich hätte es mir ja denken können,
dass auch diesmal alles schief geht“, hörte Ralf einen der Männer
sagen. „Hör auf Racket. Wir sind doch hier. Was willst du mehr?“ -
„Sieht dich doch um, Quirlax. Alle Geschenke liegen kreuz und quer verstreut.
Wie sollen wir jetzt rechtzeitig fertig werden?“
Als Ralf sich auf die Zehenspitzen stellte konnte
er über den ganzen Schneehaufen verstreut bunte Kartons und Kisten
mit Schleifen sehen. So viele Geschenke, kleine und große Schachteln,
in langen und kurzen Verpackungen, so viele, wie er sie noch nie in seinem
Leben auf einem Haufen gesehen hatte.
Eifrig packten Quirlax und Racket die Geschenke
wieder in ihre Kutsche. „Wir werden niemals rechtzeitig fertig werden.
Und das ist alles deine Schuld Quirlax!“ - „Ach was. Wir packen das schon.
Da haben wir schon ganz andere Dinger wieder hin gekriegt. Gib mir die
Karte.“ - „Die Karte?“ fragte Racket mit weiten Augen. „Ich habe die Karte
nicht. Ich denke du hast die Karte.“ - „Ich? Nein, nein. Du solltest die
Karte doch mitnehmen. Das hatten wir so abgemacht.“ - „Na prima“, lies
sich Racket in den Schnee plumpsen. „Dann werden wir die Geschenke niemals
an den richtigen Ort bringen. Ich weiß nicht wie wir das zu Hause
erklären sollen.“
Auch Quirlax lies sich nun neben Racket in den
Schnee fallen. Und als sie so im Schnee saßen und Trübsal bliesen
schaute Racket zufällig zu Ralfs Haus hinüber und sah den kleinen
Jungen neugierig im Fenster stehen.
„Du, Quirlax.“ sprach er leise, ohne den Blick
von Ralf zu nehmen. „Da beobachtet uns jemand. „Was?“ rief Quirlax überrascht
und schaute sogleich zu dem Haus. „Wie kann das denn sein? Ich denke die
Menschen sehen uns nicht.“ - „Ich weiß auch nicht.“
Quirlax stand auf und lief auf das Fenster zu.
„Hey du! Du da an dem Fenster!“ Schnell duckte sich Ralf. „Hab keine Angst.
Wir tun dir nichts.“
Vorsichtig kam Ralf wieder hoch und blickte nun
in ein sehr freundliches und warmes Gesicht, mit einem langen weißen
Bart und einer roten Mütze auf dem Kopf. „Komm raus.“, sagte Quirlax
freundlich. Aus irgendeinem Grunde, den Ralf selbst nicht ganz begriff,
hatte er keine Angst. Schnell öffnete er das Fenster und sprang hinaus.
Eigenartiger Weise war der Schnee auch nicht kalt, obwohl er barfuss mit
Quirlax nun zu der Kutsche lief.
„Wer bist du?“ fragte Ralf neugierig diesen seltsamen
Mann. „Ich? Na ja. Ich bin der Weihnachtsmann.“ - „Du bist der Weihnachtsmann?“
fragte Ralf verblüfft. „Eh, ja. Dieses Jahr schon. Dieses Jahr bin
ich der Weihnachtsmann.“ - „Gibt es denn jedes Jahr einen anderen Weihnachtsmann?“
- „Oh ja, mein Junge. Der Rat der Weisen bestimmt jedes Jahr jemanden,
der zu den Menschen fahren darf und ihnen viele wunderbare Geschenke bringt.
Und dieses Jahr bin ich es“, sagte Quirlax ganz stolz. „Ja, ja. Jetzt wo
wir den schwarzen Regen besiegt haben, da ist wieder alles im Lot in unserem
Land. Und weil ich dabei geholfen habe gewissermaßen, darf ich dieses
Jahr der Weihnachtsmann sein.“ - „Aber woher kommst du denn?“ fragte Ralf
erstaunt nach. „Ich glaube ich habe dir schon viel zu viel erzählt
kleiner Junge.“ sagte Quirlax und schaute verlegen zu Racket. Doch Racket
zuckte nur mit den Schulter. „Ist jetzt eh egal. Jetzt kannst du ihm auch
alles erzählen.“ - „Na gut Junge. Wir kommen aus einem Land das Traumania
heißt. Es ist das Land der Träume.“ - „Das Land der Träume?“
- „Ja, ja.“ nickte Quirlax eifrig. „Jeder Mensch ist dort in seinen Träumen.
Sie wissen es nur nicht.“ - „Ich auch?“ fragte Ralf neugierig. „Ja. Du
auch. Eigentlich dürftest du uns jetzt gar nicht sehen. Ich weiß
nicht was da schon wieder falsch läuft.“
„Was sind denn das für Geschenke?“ fragte
Ralf weiter. „Oh, das sind alles Träume. Für jeden Menschen in
dieser Stadt haben wir einen Traum mitgebracht. Doch leider hat irgendjemand
die Karte zu Hause vergessen, so dass wir jetzt nicht mehr wissen welcher
Traum für welchen Menschen ist.“
Ralf schaute auf den ganzen Haufen Geschenke.
„Aber es steht doch überall ein Name drauf.“ - „Ja, schon.“ erwiderte
Quirlax. „Aber wir wissen doch nicht wo all diese Leute wohnen.“ - „Aber
ich weiß es doch!“ rief Ralf sofort sehr aufgeregt. „Ich weiß
wo die Menschen alle wohnen. Hier zum Beispiel.“ Ralf nahm eine Schachtel
hoch. „Anna geht mit mir in eine Klasse. Sie wohnt nur ein paar Straßen
weiter. Oder Mike, der wohnt auch nicht weit entfernt.“
Quirlax schaute Racket fragend an und dieser
nickte schließlich zustimmend mit dem Kopf. „Was soll’s. Da er uns
eh schon gesehen hat, dann kann er uns genauso gut auch helfen. Nehmen
wir ihn mit. Vielleicht schaffen wir es so doch noch rechtzeitig fertig
zu werden.“ Dann flüsterte Racket Quirlax leise ins Ohr. „Der
Rat der Weisen muss es ja nicht wissen.“
Also luden Quirlax und Racket die restlichen
Geschenke in ihre Kutsche ein und setzten schließlich auch Ralf zwischen
sich auf den Kutschbock. Quirlax zog straff an den Zügeln und die
Kutsche erhoben sich wieder in die Luft.
Quirlax und Racket verteilten die ganze Nacht
ihre Geschenke. Dank Ralf fanden sie nun den richtigen Weg zu den vielen
Menschen und brachten ihre Träume an den richtigen Ort. Ralf gingen
fast die Augen über, als er all die vielen wunderbare Träume
sah. Auch wenn es jedesmal nur der Anfang war, so waren es doch ganz besondere
Träume, Träume, die der Weihnachtsmann den Menschen brachte.
Schließlich kamen sie wieder zurück
zu Ralfs Haus und nur noch drei Geschenke waren übrig. Die Kutsche
schwebte direkt vor das Haus, und als ob die Wände aus purer Luft
wären flog sie mitten in das Schlafzimmer hinein. Vorsichtig nahm
Quirlax eine große Kiste und las den Namen von Ralfs Vater. Dann
gab er Ralf das Geschenk und lächelte ihn freundlich an. „Schenk ihm
diesen Traum Junge.“ Und als Ralf das Geschenk herunterfallen lies, öffnete
sich die Kiste und ein wahrer Sternenregen ergoss sich über seinem
Vater. Schon bald änderte sich die Umgebung und er war mitten in seinem
Traum. Er war weit weg, auf einer wunderschönen Insel, mit einem langen
weichen Sandstrand und wanderte durch warmes blaues Wasser. Als Ralf auch
seiner Mutter ihr Geschenk gab, sah er auch sie bald an dem gleichen Strand
laufen, Hand in Hand mit ihrem Mann. Es war ein so schöner Traum,
und Ralf war überglücklich, als er seine Eltern so sah. Er war
überglücklich, dass er es war, der ihnen diesen Traum schenken
durfte. Doch noch war er nicht vollkommen. Noch fehlte etwas.
Ralf merkte gar nicht wie sich plötzlich
alles um ihn herum veränderte, wie er nun gar nicht mehr in der Kutsche
saß, sondern auch in dem weichen Sand spazierte, Hand in Hand mit
seinen Eltern der warmen Sonne entgegen.
Quirlax hatte nun auch das letzte Geschenk verteilt.
Es war der letzte Karton, der noch in der Kutsche übrig geblieben
war. Es war der Traum des kleinen Ralf.
Lange schliefen die Menschen am nächsten
Morgen. Sie alle wollten etwas länger als sonst in ihren Träumen
bleiben, sie alle wollten sich an dem Geschenk erfreuen, das der Weihnachtsmann
ihnen in diesem Jahr geschenkt hatte.
Doch Ralfs Traum war etwas ganz besonderes. Er
hatte den Weihnachtsmann gesehen und wusste nun woher er kam. Er hatte
ihm sogar helfen dürfen seine Geschenke zu verteilen. Und dafür
hatte er ein Versprechen erhalten. Für seine Hilfe hatte Quirlax und
Racket ihm versprochen, ihm in seinen nächsten Träumen das wunderbare
Land der Träume zu zeigen. Sie wollten ihn mit nach Traumania nehmen.
Doch das ist eine andere Geschichte. |