Im Weihnachtsstress
Stephan Sigg (15 J.) am 03.12.97 

"Fröhliche Weihnachten," eine als Engel verkleidete Verkäuferin, die am Eingang des grossen Einkaufszentrum steht, drückt mir ein kleines Säcklein mit Keksen in die Hand.

Ich wollte eigentlich nur schnell in die Stadt um eine Rolle Geschenkspapier zu kaufen, doch ich war schon seit mehr als einer Stunde unterwegs. Die Strassen waren verstopft, keine Chance für die Linienbusse den Fahrplan einzuhalten. Auf den Trottoirs die vielen Leute, auf der Jagd nach Weihnachtsgeschenken für ihre Verwandten. Keuchend laufen sie von Geschäft zu Geschäft, in der Hoffnung, die gesuchten Dinge noch vor Ladenschluss zu erhalten. Kein Wunder, es ist wieder einmal 24. Dezember!

Langsam fahre ich mit der Rolltreppe in die erste Etage, wo sich die Schreibwarenabteilung befindet. Neben festlich geschmückten Tannenbäumen reihen sich Geschenkpapier, Christbaumkugeln, Kerzen und Adventskalender in allen Farben und Grössen. Ich drängle mich an vielen Kunden, die in warme Mäntel eingehüllt sind, zur grossen Schachtel mit den Geschenkpapieren vor. Welches soll ich nehmen? Das rote mit den Engeln? Das weisse mit den Sternen? Schliesslich entscheide ich mich für eine blaue Rolle mit gelben Sternen.

An der Kassa möchten am liebsten drei Kunden gleichzeitig bezahlen. Die Kassiererin, kurz vor dem Nervenzusammenbruch, tippt in unglaublicher Schnelligkeit die Beträge ein und wünscht neben zu allen vorbeigehenden Menschen: "Frohe Festtage!" Endlich bin ich an der Reihe. "4 Fr., bitte," sagt die Verkäuferin und streckt mir ihre Hand entgegen. Schnell gebe ich ihr den Betrag und verlasse das Kaufhaus.

Die Kälte des Dezembernachmittags fängt mich draussen auf. Vom Himmel fallen weisse Flocken und decken die Strasse zu. Ich fahre wieder mit dem Bus, der zum Bersten voll ist mit erwartungsvollen Kindern, genervten Eltern und melancholischen Senioren, nach Hause.

"Mama, ich bin wieder da," rufe ich, als ich die Haustüre öffne. Ich entdecke meine Mutter in der Küche, wo sie fieberhaft noch die letzten Weihnachtskekse bäckt. Ich renne in mein Zimmer und wickle die letzten Geschenke ein. Stress total! Jeder stellt sich immer wieder die Frage: "Werde ich noch rechtzeitig fertig?"

17.00 Uhr! Endlich schliessen die Geschäfte. Die Verkäufer, erschöpft, müde und doch fröhlich, dass das Weihnachtsgeschäft vorüber ist, eilen nach Hause, denn dort erwarten sie noch weitere Aufgaben: Christbäume schmücken, Braten garnieren, Geschenke einpacken...

Einige Stunden später versammeln sich dann die Familien unterm Weihnachtsbaum, tauschen Geschenke aus, essen den Braten und erfreuen sich an den Liedern, die aus dem Radio kommen. Danach setzte sie sich vor den Fernseher, wo die Kinder den ganzen Tag bei Kinderfilmen wie "Weihnachten bei Mickey Mouse" oder "Madita" verbracht haben, um die Zeit bis zur Bescherung zu verkürzen. Ohne einen Gedanken an das wirkliche Ereignis von Weihnachten verloren zu haben, sinken sie todmüde ins Bett.

Überall auf der Welt herrscht Stille und Frieden. Alle sind glücklich vereint. Doch nur für kurze Zeit, denn dann naht schon das nächste grosse Ereignis: Silvester!