"Na,
der Delphin, der Sie so erschreckt hat“, erwiderte er ruhig.
"Delphin? Das war ein Delphin??“ Georg musste lachen, als er mich ansah. Im Moment trug ich keinen sonderlich intelligenten Gesichtsausdruck zur Schau. "Nun ja, er gehoert zwar zur Gattung der Delphine, ist aber ein Großer Tuemmler. Wissen Sie, so wie Flipper aus dem Fernsehen. Den kennen Sie doch bestimmt. Die eigentlichen Delphine sehen anders aus, sie sind braun, grau und schwarz gefaerbt und fuehren ein Zickzackmuster auf den Flanken. Sie sind auch kleiner als die Tuemmler und nicht so neugierig. Große Tuemmler koennen bis zu vier Metern lang werden, haben meistens dunkelgraue Ruecken und hellgraue Baeuche – na, nun können Sie den Mund aber wieder zu machen!“ Ich schluckte
peinlich beruehrt und gehorchte.
"O nein, angreifen wollte er Sie sicher nicht“, wehrte er entschieden ab, "sie sind niemals boesartig, hoechstens neugierig. Aber ich muss zugeben, so ganz verstehe ich sein Verhalten auch nicht. Sehen Sie“ – Er machte einen Augenblick Pause, um den Tabak in seiner Pfeife erneut anzuzünden. Mir fielen seine schoenen Haende auf, lang und feingliedrig, wenn auch mit Altersflecken uebersaet. Robs Haende hatten bis auf die Flecken auch so ausgesehen, Kuenstlerhaende, wie ich sie immer nannte. Georg sog genuesslich an seiner Pfeife, worauf ich mir die erste Zigarette dieses Tages goennte, und fuhr fort: "Also sehen Sie – bei uns hier, zwischen Marseille und Nizza, sieht man oft Delphine, vor allem Blau-Weisse, aber auch die richtigen und Grosse Tuemmler. In den Gewaessern zwischen Nizza und Korsika suchen sogar Finnwale nach Nahrung und in einer Bucht der Bretagne soll es Delphine geben, die so zutraulich sind, dass sie mit badenden Kindern spielen. Aber immer schwimmen sie in groesseren Gruppen, ihren Familien und noch nie, so lange ich hier lebe, habe ich ueberhaupt welche in meiner Bucht gesehen. Und diesen Tuemmler beobachte ich nun schon ungefaehr zwei Wochen und nie sehe ich ihn in Begleitung." Inzwischen hatte ich damit begonnen, angestrengt ueber das Wasser zu spaehen, um ihn irgendwo zu entdecken, diesen Delphin. "Wann kommt er denn meistens hierher?" fragte ich Georg. Er zuckte mit den Schultern. "Ganz
unterschiedlich. Mehrmals am Tag. Er schwimmt fast ganz bis an den Strand,
kreist ein bisschen herum und verschwindet wieder, bis zum naechsten Mal.
So als ob er etwas suchen wuerde. Und er war sonst so scheu Wenn ich auf
ihn zuging, wartete er nur kurz, schaute mich an und drehte dann sofort
ab. Er glitt auch immer ganz ruhig durch das Wasser, noch nie habe ich
ihn so aufrecht stehen sehen wie bei Ihnen gestern". Nachdenklich
blickte er mich an. "Vielleicht haben Sie ihn aufgeregt? Sie
haben doch irgendetwas geschrien, nicht wahr?"
Mehrere
Tabakfuellungen und fast die Haelfte meines Zigarettenpaeckchens gingen
drauf, waehrend ich redete und redete. Zum Schluss nur noch unter Traenen.
Es endete damit, dass ich mich in Georgs Armen ausweinte und er mir den
Ruecken klopfte und besaenftigend auf mich einredete.
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