Mystique | Teil 15 |
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"Miss? Hallo, Miss? Entschuldigen Sie
bitte..."
Eine Hand packte ihre Schulter und sie fuhr so heftig zusammen, dass sie die Maus vom Mousepad schnickte. Sie stürzte, schlug aber nicht auf, sondern baumelte zwei Fingerbreit über dem Boden. Bevor sie zupacken konnte, nahm der Typ, der sie angesprochen hatte, die Maus auf und legte sie zurück neben den Computer. Er war noch recht jung, ungefähr ihr Alter, schätzte sie, und lächelte sie freundlich an. Sie schaute ebenso freundlich, aber fragend zurück. Was wollte er? Sie würde gerne weiter spielen... "Verzeihen Sie - aber es ist Feierabend - übrigens bereits seit über zwanzig Minuten - und wir schließen gerade ab. Sie müssen leider gehen. Sie werden sonst hier eingeschlossen." Er zwinkerte ihr zu. "Das wäre bestimmt nicht Ihre Vorstellung eines gemütlichen Vorweihnachtsabends, habe ich recht?" Jetzt erst schaute sie sich genauer um. Und wollte vor Scham versinken. Kein Mensch war mehr zu sehen. Gähnende Leere in allen Gängen. Draußen vor den Fenstern dunkel. Sie hatte völlig jegliches Zeitgefühl verloren. Betreten lächelte sie ihm zu. "Es tut mir so leid. Es ist mir wirklich sehr peinlich. Ich habe völlig die Zeit vergessen. Dieses Spiel, wissen Sie..." "Das Spiel hat sie so gefesselt?" Er wirkte auf einmal sehr interessiert. "Sie haben Mystique gespielt?" "Es heißt Mystique? Schön, dass ich das weiß. Ich wollte es auf jeden Fall noch in Erfahrung bringen, hatte es aber vergessen -" Sie hielt inne. Wieso sprach sie in der Vergangenheit? Er strich sich eine schwarze Haarsträhne aus der Stirn. "Wissen Sie, es gibt einen Grund, warum ich sehr daran interessiert wäre, Ihre Meinung zu dem Spiel zu hören. Darf ich Sie vielleicht noch auf eine Tasse Kaffee einladen? Im Ort hat noch ein Café geöffnet, ich kenne es gut, es ist sehr gemütlich dort. Bitte sagen Sie nicht Nein." Einen kurzen Augenblick widmete sie dem Gefühl, das sie haben würde, wenn sie in seine Augen blickte. Sie waren von einem sehr schönen hellen Blau und erweckten ein durchaus vertrauenswürdiges Gefühl bei ihr. Außerdem - sie war ja nicht allein. Beziehungsweise - "Mein Hund. Ist denn mein Hund noch da? Meine Güte, der arme Kerl!" Er lachte. "Wenn sie den schwarzen Grizzly meinen, der seit Stunden brav unten im Vorraum sitzt - ja, der ist noch da." "Also gut", sagte sie. "Wenn Sie mir verraten, warum Sie meine Meinung hören wollen, dazu Ihren Namen, und wir meinen Hund mitnehmen können, dann trinke ich noch einen Kaffee mit Ihnen!" Er nahm ihre Tüten und gemeinsam holten sie den Hund ab und gingen dann nach draußen, wo es heftig schneite. Er schloss die Eingangstür des Kaufhauses ab und deutete zum Parkplatz. "Da steht meinen Wagen. Kommen Sie." Als sie eingestiegen waren, lachte er sie wieder an. "Ladies first - wie heißen denn Sie?" "Robyn", erwiderte Robyn, "Robyn Parker. Und das ist Mork."
"Ich", begann ihr Begleiter und ließ den Motor an, "ich bin der hoffnungsvollste Nachwuchs-Spiele-Programmierer der Firma Apple, wenn Ihnen dies etwas sagt. Durch die Anonymität eines Kaufhausverkäufers getarnt, lässt man mich soeben auf die Menschheit los. Da drinnen haben Sie gerade mein neuestes Spiel getestet. Wenn darin alles funktioniert, wie ich es mir vorstelle, wird sich Bill Gates die Finger danach lecken." Er grinste sie an. "Ich hoffe, das klingt jetzt nicht zu überheblich?" Robyn grinste zurück. Er gefiel ihr richtig gut, musste sie feststellen. "Nun, wenn Sie recht haben mit allem, dürfen sie auch ruhig ein bisschen überheblich klingen. Und wie ist nun Ihr Name?" "Ach ja", nickte er und fuhr los. "Ich heiße Erik. Erik Korten. Aber sagen Sie ruhig Rik." |
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